Das Going Concern-Prinzip ist gem. § 252 Abs. 1 HGB ein zwingender Bestandteil des gesetzlichen Rahmens für die Aufstellung von Bilanzen und Unternehmensrechnungen. Es gibt an, dass bei der Bewertung von Bilanzpositionen von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgegangen wurde.
Das Going Concern-Prinzip soll sicherstellen, dass die Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen eines Unternehmens den wahren und tatsächlichen Gegebenheiten des Unternehmens und des abgelaufenen Geschäftsjahres entsprechen. Es ist zwingende Voraussetzung für die Anwendung aller weiteren Bewertungsvorschriften.
Das Prinzip hat sowohl für die Handelsbilanz als auch für die Steuerbilanz Gültigkeit. In beiden Bilanzen dürfen keine Liquidationswerte angesetzt werden, sondern die Vermögensgegenstände sind mit ihren fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten. So geht das Handelsrecht z. B. beim Maschinenpark und anderen abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern von einer normalen Weiternutzung innerhalb des Unternehmens aus.
Die Annahme der Unternehmensfortführung hat Gültigkeit, sofern tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten dieser Annahme nicht entgegenstehen. Das könnten z. B. anhaltende wirtschaftliche Schwierigkeiten sein, in denen sich das Unternehmen befindet, oder ein eingeleitetes Insolvenzverfahren.
Die Geschäftsführung bzw. der Vorstand hat zu beurteilen, ob das Going Concern-Prinzip weiterhin gilt oder aber die Absicht oder die Notwendigkeit besteht, die Unternehmenstätigkeit aufzugeben. Der Abschlussprüfer beurteilt dann diese aufgestellte Fortführungsprognose. Bei der Bewertung durch die gesetzlichen Vertreter und der Beurteilung durch den Abschlussprüfer kann es zu Diskrepanzen aufgrund von Ermessensspielräumen kommen.
Das Institut für Wirtschaftsprüfer legt mit seinem Standard IDW PS 270 dar, dass bei wesentlicher Unsicherheit eine Verpflichtung zur Angabe in sämtlichen HGB-Abschlüssen besteht. In der Regel erfolgen diese Angaben im Anhang. Sollte kein Anhang aufgestellt werden, können diese Ausführungen z. B. unter der Bilanz erfolgen. Kommt der Abschlussprüfer zu der Schlussfolgerung, dass eine wesentliche Unsicherheit besteht, hat er festzustellen, ob die entsprechenden Angaben im Anhang und im Lagebericht gemacht wurden. In diesem Fall muss er einen Hinweis über die wesentliche Unsicherheit in einem gesonderten Abschnitt des Bestätigungsvermerks aufnehmen.
Der Wirtschaftsprüfer hat nach §322 Abs. 2 Satz 3 und 4 HGB auf Risiken hinzuweisen, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden. Sollte der Prüfer z. B. Anhaltspunkte für eine Insolvenzgefahr feststellen, muss er die Geschäftsführung auf ihre insolvenzrechtlichen Verpflichtungen hinweisen.